Power-over-Ethernet für DSL-Modem


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Achtung!

Bei unsachgemäßem Umbau können DSL-Modem und PC zerstört werden!

Durch den Umbau gehen normalerweise alle Garantieansprüche verloren. Bei Leihgeräten könnte dieser Umbau als Sachbeschädigung gewertet werden.

Das Problem:

Mein DSL-Modem ("Alcatel SpeedTouch Home") wird über einen "Glühwürfel" (ungeregeltes, äußert ineffizientes Steckernetzteil) mit Energie versorgt. Dieses Steckernetzteil läßt sich nur durch Herausziehen vom Netz trennen, es verbraucht auch bei abgeschaltetem DSL-Modem noch Energie (durch magnetische Verluste und den elektrischen Widerstand des Trafos). Ich brauche das Modem täglich einige Stunden, aber längst nicht den ganzen Tag. Es könnte also für lange Zeiten komplett abgeschaltet bleiben, um Strom zu sparen. Und wieder einmal (wie auch bei der [intern] ATX-Switchbox) bin ich zu faul, ständig hinter den Peripheriegeräten herzurennen, um sie ein- und auszuschalten.

Der Lösungsweg:

Es beginnt mit der Erkenntnis, daß ich das DSL-Modem exakt dann und nur dann benötige, wenn ich auch meinen Internet-Router (486er mit [extern] FLI4L) benötige, sprich eingeschaltet habe. Der Netzschalter des Routers soll also auch das DSL- Modem schalten. Stünden die beiden Geräte dicht zusammen, wäre die [intern] ATX-Switchbox goldrichtig. Aber zwischen ihnen liegt etwa sechs Meter Luftlinie. Und ein zehn Meter langes, achtpoliges CAT5-Ethernet-Kabel, in dem zwei Leitungspaare für Ethernet genutzt werden und zwei Leitungspaare völlig ungenutzt sind.

Zwei Leitungspaare sind mehr als genug, um ein Relais aus dem Router heraus anzusteuern, das dann - wie bei der [intern] ATX-Switchbox - das Steckernetzteil vom Netz trennt. Mit zwei kurzen Adapterstücken, die die unbenutzten Leitungspaare am PC und am Modem herausführen, wäre es möglich, das DSL-Modem zu schalten, ohne in die Geräte einzugreifen.

Wer nicht in sein DSL-Modem eingreifen will oder darf, sollte diesen Ansatz weiter verfolgen. Zu beachten ist, daß die Adapterstücke sehr sorgfältig gecrimpt werden müssen, damit es nicht zu Störungen auf dem Ethernet kommt. Auch wenn Ethernet nach Telefonstrippe oder Klingeldraht aussieht, es arbeitet (bei DSL) mit 10 MHz, da kann ein harter Knick oder eine schlechte Crimpung zu Fehlern bis zum Totalausfall führen.

Die nächste Erkenntnis sorgt dafür, daß ich auf die Crimperei verzichten kann: Modem und Netzwerkkarte haben eine voll bestückte Western-Buchse mit acht Kontakten (die Hersteller haben also zum Glück darauf verzichtet, einen Zehntel-Cent pro Gerät durch eine Buchse mit nur vier bestückten Kontakten zu sparen). Auf der Computer-Seite kann ich mit zwei isolierten Drahtstücken +12V und Masse aus dem ISA-Bus in das Ethernet-Kabel einspeisen. Auf der Modem-Seite hätte ich dann im Modem 12V aus dem Computer, mit denen ich z.B. ein Relais schalten könnte. Aber der "Glühwürfel" liefert bei Volllast (1A) laut Typenschild 9V Gleichspannung, im Leerlauf sind das auch schon mal 20V. Was auch immer im DSL-Modem die Spannung regelt, es muß für deutlich mehr als 9V ausgelegt sein, wenn auch nicht unbedingt für eine hohe Verlustleistung. Ein Blick in das DSL-Modem zeigt ein Schaltnetzteil, dessen Eingangskomponenten für mindestens 16V, eher 25V dimensioniert sind. 12V aus dem Computer sind also kein Problem. Da glücklichwerweise kein Linearregler (78xx o.ä.) eingesetzt wird, der überflüssige Spannung verheizt (3V mehr bei 1A sind 3W extra, die der Kühlkörper abführen müßte - bei kleinen Kühlkörpern ist das schon zu viel) sollte die höhere Spannung kein Problem sein.

Die Lösung:

Die Lösung ist eigentlich schon offensichtlich. Trotzdem verrate ich sie. ;-)

Zwei isolierte Drahtstücke auf der Netzwerkkarte im Router führen 12V vom ISA-Bus auf die zwei freien Leitungspaare des Ethernet-Kabels (je ein Paar für plus (4-5) und ein Paar für minus (7-8)), zwei weitere isolierte Drahtstücke im DSL-Modem führen diese 12V vom Ethernet- Anschluß direkt und polrichtig auf die Buchse für das Netzteil. Das Steckernetzteil entfällt ersatzlos.

Warum diese Paarbelegung?

Ganz einfach:

  1. Zwei parallele Leitungen haben weniger Widerstand als eine einzelne Leitung, damit sind die Verluste geringer.
  2. Nur ein Pol pro Paar sorgt dafür, daß in einem Paar keine Differenzspannung auftritt, die bei versehentlich angeschlossenen anderen Geräten sonst eventuell das Netzwerk-Interface "grillt".

Warnungen für den Nachbau:

Weitere Informationen:

Pinbelegung Ethernet

(Quelle: [extern] Hardwarebook)

PinNameNormale BelegungMein Umbau
1TX+Transmit Data +Transmit Data +
2TX-Transmit Data -Transmit Data -
3RX+Receive Data +Receive Data +
4n/cfrei+12V
5n/cfrei
6RX-Receive Data -Receive Data -
7n/cfreiGND
8n/cfrei

Paare: 1-2, 3-6, 4-5, 7-8

(Ja, die Paare sind etwas merkwürdig auf den Stecker verteilt. Das hat historische Gründe und soll hier nicht großartig erläutert werden. Nur soviel: Die freien Leitungen wurden ursprünglich für Telefone benutzt, während die Ethernet-Leitungen eigentlich freie Leitungen in der Telefonverkabelung waren.)

Power-Over-Ethernet Standard

Es gibt einen offiziellen Standard für Power-Over-Ethernet, genannt [extern] IEEE 802.3af. Eine recht gute Beschreibung ist der Artikel [extern] IEEE802.3af Power Over Ethernet - a Radical New Technology. Auf [extern] Seite 4 dieses Artikels sieht man, wie es genau funktioniert. Von dort stammen auch die beiden folgenden Skizzen:

Power Supplied over the Spare Pins: Power Supplied over the Data Pins:

Mein Umbau benutzt zwar das Konzept "Power Supplied over the Spare Pins", jedoch beträgt die Spannung nur 12V statt 48V, so daß der Spannungswandler ("DC/DC converter") in Geräten nach IEEE 802.3af nicht korrekt arbeiten kann. Auch fehlen weitere Features des Standards, wie z.B. der "discovery process" und die Fernwartbarkeit.

Am Rande bemerkt: Das Konzept "Power Supplied over the Data Pins" ist nichts sensationell Neues, der ISDN- S0-Bus funktioniert genau so, und schon vor dem S0-Bus wurden professionelle Mikrofone durch Einspeisen einer Spannung zwischen der symmetrischen Anschlußleitung und der Abschirmung ferngespeist (Phantomspeisung). Selbst die Spannungen sind bei den drei Anwendungsfällen fast identisch: 40V für den S0-Bus, 48V für IEEE 802.3af und Mikrofone. Kein Wunder, je höher die Spannung desto mehr Leistung kann bei gleichbeibendem Strom (und damit Leitungsquerschnitt) übertragen werden. Die Obergrenze von etwa 40V bis 50V ist durch die elektrischen Eigenschaften des Menschen zu erklären: Mehr Spannung kann bei Berührung tödlich sein.

Bemerkenswert ist aber, daß der S0- Bus einen Notfallbetrieb kennt, bei dem die Spannung verpolt und mit geringerer Leistung aus dem Amt statt aus der Netzsteckdose eingespeist wird. Ein "notspeiseberechtigtes" Telefon kann so trotz Stromausfall weiter benutzt werden. Der technische Mehrauffand beschränkt sich auf ein paar Dioden und einen Schalter, mit dem die Notspeiseberechtigung eingestellt wird. Nicht notspeisefähige Geräte kommen sogar mit einer einzigen Diode aus. Dieses Feature wäre auch für IEEE 802.3af interessant, schließlich muß bei Notstrombetrieb nicht jedes Gerät laufen und die Notstromversorgung belasten. Andererseits erlauben die Management- Funktionen von IEEE 802.3af eine wesentlich feinere und individuellere Steuerung der Stromaufnahme per Software.

Gewährleistung und anderes:

Ich habe mein DSL-Modem und meinen PC-basierten DSL-Router auf diese Art umgebaut es ist bislang kein Fehler aufgetreten. Es könnte jedoch sein, das in dieser Anleitung Fehler enthalten sind. Daher kann ich keine Funktionsgarantie für Nachbauten übernehmen. Ich bitte darum, die Warnhinweise in diesem Text besonders zu beachten.

Idee und Konzept:

Alexander Foken, [mail] alexander@foken.de, [extern] http://www.foken.de/alexander